Bei 5 von 10 Anfragen, die ich in meiner Hundeschule in Ratingen bekomme, geht es um Aggressionen. Oft gegenüber Artgenossen, immer häufiger aber auch gegenüber Menschen. Manchmal sogar gegenüber der eignen Familie. Woran liegt das? Die Grundfrage, die sich erstmal stellt ist für mich: Warum tut der Hund das? Jedes Verhalten ist sinnvoll, und jeder Hund hat einen triftigen Grund sich so zu verhalten. Oft werden die Vorboten über Monate und Jahre ignoriert und verniedlicht. Ach, der ist immer so aufgeregt bei fremden Menschen…ach, der spielt so gerne mit anderen Hunden…ach, der springt immer an Menschen hoch weil er die so gerne mag….ach, der liebt unsere Kinder und behütet sie auf jedem Spaziergang, ist halt ein Hütehund…etc. etc.
Durch dieses „Nicht-sehen“ des Problems ist der Hund oft gezwungen, irgendwann selbst eine Lösung zu finden. Häufig passiert das im Zuge des Erwachsenwerdens. Sehr viele Menschen melden sich bei mir wenn der Hund 2-3 Jahre alt ist und berichten dann, dass er „plötzlich“ zugebissen hat…oder plötzlich an der Leine pöbelt…Wenn wir dann in der Hundeschule mit dem ausführlichen Anamnesegespräch starten wird meistens sehr schnell klar, dass es schon ganz früh -oft im Welpenalter- erste Anzeichen für die Problematik gab. Da höre ich dann von Welpen, die sich beim Abholen beim Züchter unter dem Tisch versteckt haben als die Menschen reinkamen…oder von Welpen, die ewig nicht stubenrein geworden sind weil sie sich (rückblickend betrachtet) einfach nicht getraut haben draußen zu lösen. Da gehen die Menschen dann in die üblichen Hundeschulen und bekommen Tipps wie: Lob deinen Hund immer ganz doll wenn er draußen Pipi gemacht hat und wenn er drinnen Pipi macht dann schnappst du ihn dir ganz schnell und rennst raus mit ihm. Es wird leider mangels Fachwissen oft nicht erklärt WARUM der kleine sich nicht traut draußen zu machen.
Und genau diese zunächst unsicheren Hunde werden oft nicht verstanden und es wird runtergespielt. Bis für den Hund dann irgendwann das Fass überläuft und er selbst seine Lösung findet zum Beispiel endlich nicht mehr von fremden Menschen angefasst zu werden. Und erst dann kommen die Menschen in eine Beratung und lernen den Hund zu verstehen. Besser spät als nie, aber es ist immer viel schwieriger wenn es schon so weit gekommen ist. Das Vertrauen auf beiden Seiten ist im Keller und wir müssen erstmal ganz langsam daran arbeiten, dass sich Mensch und Hund wieder gegenseitig vertrauen lernen. Ich bin sehr froh in meiner Hundeschule in Ratingen auf einer wertschätzenden und liebevollen Ebene arbeiten zu können weil ich denke, dass weder Hund noch Mensch etwas dafür können wenn es einfach an Wissen mangelt. Ich würde mir sehr wünschen, dass mehr Hundeschulen sich weiterbilden und verstehen, dass Sitz, Platz, Fuß und Hundesport nichts mit Erziehung und Verständnis zu tun haben.
Ich freue mich auf Sie und Ihren Hund!
Herzlichst, Ihre Miriam Willems